Klimaentscheid Hamburg
Begründung

Begründung

Volksinitiative „Klimaentscheid Hamburg“ zur Änderung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes (HmbKliSchG)


Begründung:

In der Hamburger Verfassung ist festgelegt:

„Die natürlichen Lebensgrundlagen stehen unter dem besonderen Schutz des Staates. Insbesondere nimmt die Freie und Hansestadt Hamburg ihre Verantwortung für die Begrenzung der Erderwärmung wahr.“

Hamburg hat seit 1997 ein Klimaschutzgesetz. Eine Neuauflage trat im Februar 2020 in Kraft. Das Ziel dieser Neuauflage ist im § 2 beschrieben.

Ziel dieses Gesetzes ist es, das Klima zu schützen und einen Beitrag zur Sicherung der Erreichung der Ziele des Übereinkommens von Paris vom 12. Dezember 2015 zu leisten. Dies soll im Rahmen der Möglichkeiten und Zuständigkeiten der Freien und Hansestadt Hamburg erreicht werden, …“

Laut den Zahlen des Sachverständigenrates Umwelt der Bundesregierung hat die Bundesrepublik Deutschland ab 2020 ein Restbudget an C02 von 4,2 Gt um das 1,5°-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% zu erreichen. 

Umgerechnet auf die Einwohnerzahl steht Hamburg damit ein Restbudget von 96 Mt CO2 ab 2020 zu.

Gemäß dem derzeit gültigen Klimaschutzgesetz strebt Hamburg bis zum Jahr 2030 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von 1990 um 55% an, was 126,5 Mt CO2 entspricht und bis zum Jahr 2050 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 95% gegenüber 1990, was weiteren 103 Mt CO2 entspricht.

In der Summe will Hamburg damit von 2020 bis 2050 noch 229,5 Mt C02 ausstoßen.

Dem in der Verfassung und unter §2 formulierten Ziel genügt das vorliegende Gesetz also bei Weitem nicht. Das Restbudget Hamburgs für das im Pariser Abkommen genannte 1,5°-Ziel wird anteilsgemäß um das 2,5-fache übertroffen und selbst für ein 1,75°-Ziel sind die geplanten CO2-Emissionen um das 1,5-fache zu hoch.

Hamburg ist eine der reichsten Regionen Europas mit einer demgemäß sehr großen Transformationskapazität und zugleich hohen aktuellen wie auch historischen Emissionen. Hamburg sollte daher bei der Transformation der Energieversorgung, des Gebäudesektors, der Mobilität sowie der Wirtschaft und Industrie vorangehen, seine gesteckten Ziele eher früher als später erreichen und einen angemessenen, eher höheren als zu niedrigen Beitrag zu den Pariser Klimazielen leisten. Hierdurch erhalten Städte und Regionen mit geringerer Transformationskapazität größeren Spielraum und Hamburg kann als Vorreiter für andere Städte die technologischen und ökonomischen Möglichkeiten des Übergangs demonstrieren.

Auch im Sinne der Generationengerechtigkeit muss, dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 zum Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 folgend, mindestens die „schwarze Null“ in der CO2-Kostenbilanz Regierungsziel auch der Freien und Hansestadt Hamburg sein.

Nicht zuletzt durch die prekäre Lage unserer Stadt am Wasser ist das Begrenzen der Klimakrise – und damit zumindest die anteilsmäßige Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens – darüber hinaus von vitaler Bedeutung für Hamburg.

Zusätzlich ist zum Schutz der Bevölkerung der Freien und Hansestadt Hamburg vor den bereits jetzt schon unausweichlichen Folgen der Klimakrise auch bezüglich der Anpassungs- und Resilienzstrategie eine Ergänzung des HmbKliSchG erforderlich.

So ist das laufende Bauprogramm Hochwasserschutz der Freien und Hansestadt Hamburg mit einer durchschnittlichen Erhöhung der Deichlinie um 80 cm inzwischen unzureichend. Das aktuelle Worst-Case-Szenario des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) RCP 8.5 geht mit einer Erhöhung des Meeresspiegels von bis zu 110 cm bis zum Jahr 2100 einher. Die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die jeweiligen Worst-Case-Szenarien von allen Szenarien des IPCC die höchste Eintreffwahrscheinlichkeit haben. Entsprechend muss die Erhöhung der Deichlinie mindestens den vergrößerten Sturmflutamplituden, welche aus dem Anstieg des Meeresspiegels und den intensiveren Sturmereignissen des RCP 8.5- Szenarios resultieren, genügen.

Außerdem hat die Stadtplanung, insbesondere des letzten Jahrhunderts, durch eine massive Oberflächenversiegelung zu einer gefährlich eingeschränkten Aufnahmekapazität für Wasser und zu einer desolaten Austrocknung und Überhitzung der Städte weltweit, so auch von Hamburg, geführt. Dieser „urban heat island effect – urbaner Wärmeinseleffekt“ befördert zusätzlich die Überhitzung des Planeten und führt zu einer Verschlechterung der CO2-Bilanz urbaner Regionen.

Um zukünftig den Gefahren der durch die Klimakrise vermehrt auftretenden Starkregenereignisse, Hitzewellen und Trockenheitsperioden besser begegnen zu können, ist es erforderlich das bisherige Leitbild der „versiegelten Steinstadt“ durch das der „grünen Schwammstadt“ abzulösen.

Der Sektor Gewerbe/Handel/Dienstleistung und Industrie steht in Hamburg für einen Anteil von knapp 28% am THG-Ausstoß, deshalb ist aus Gründen der Funktionsfähigkeit des Klimaschutzgesetzes auch eine diesbezügliche Ergänzung erforderlich. Die Festlegung verbindlicher CO2-Reduktionsziele für diesen Sektor liegt jedoch weitgehend außerhalb der gesetzgeberischen Zuständigkeit Hamburgs und kann daher nur bedingt Gegenstand dieser Volksinitiative sein. Zur Verfolgung der Ziele der Hamburger Verfassung und zu den „Möglichkeiten und Zuständigkeiten“ (HmbKliSchG 2020, §2 Ziele ) Hamburgs gehört aber zweifellos, den dafür nötigen Dialog mit den hier ansässigen Unternehmen aufzunehmen.

Aus diesen Gründen legt die Volksinitiative „Klimaentscheid Hamburg“ das nachfolgende Gesetz zur Änderung des Hamburger Klimaschutzgesetzes vor, um dem in der Hamburger Verfassung und seinem unter §2 formulierten Ziel gerecht zu werden und die Einhaltung des verbleibenden CO2-Restbudgets sowie die Schaffung eines gesunden Stadtklimas der Freien und Hansestadt Hamburg zu ermöglichen.

Kostendeckung:
Für uns als Initiative sind die Kosten der sich aus dem vorgelegten Gesetzes ergebenden Maßnahmen nicht zu beziffern, aber es ist wissenschaftlicher Konsens, dass die zu erwartenden Folgekosten (Klimaschäden und Klimaanpassungskosten) bei Nichtanpassung der Klimaschutzpolitik den Haushalt absehbar ungleich stärker belasten werden.


Salvatorische Klausel:
Die Gesetzesvorlage des Klimaentscheid Hamburg bezieht sich auf das Hamburgische Gesetz zum Schutz des Klimas (Hamburgisches Klimaschutzgesetz – HmbKliSchG) vom 20. Februar 2020, zuletzt geändert am 20. Mai 2021.
Bei Änderungen oder Neufassung dieses Gesetzes sind die Formulierungen der Gesetzesvorlage in die entsprechenden Teile, Paragraphen und Absätze einzufügen bzw. sind diese entsprechend dem Wortlaut zu ändern.
Sollte eine Bestimmung dieser Gesetzesvorlage aus formalrechtlichen Gründen unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen davon nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung ist dann eine dieser Bestimmung möglichst nahekommende wirksame Regelung zu treffen.