Klimaentscheid Hamburg
Gesetzesvorlage

Gesetzesvorlage

Zweites Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes (HmbKliSchG) vom 20. Februar 2020:  

Erster Teil: Klimaschutzziele, allgemeine Vorschriften 

1. § 2 Absatz (4) erhält folgende Fassung: 

Das Erreichen der Klimaschutzziele ist ein Gebot der Sozialverträglichkeit sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß §7 der Landeshaushaltsordnung. Die günstigste Zweck-Mittel-Relation im Sinne dieses Gesetzes besteht insbesondere darin, dass ein möglichst hoher Beitrag zur Erreichung der Ziele nach Absatz 1 mit einem möglichst geringen Einsatz von Mitteln erreicht wird.

2. §3 Nummer 1 wird wie folgt ergänzt:

[Im Sinne dieses Gesetzes sind] Treibhausgasemissionen, diejenigen Kohlendioxid und -äquivalenzemissionen, die durch den Verbrauch von Endenergie, durch Produktions- und  Wertschöpfungsketten sowie durch städte-, häuser- und straßenbauliche Maßnahmen verursachten Emissionen von Kohlendioxid und -äquivalenten nach der amtlichen Methodik zur Verursacherbilanz des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein für die Freie und Hansestadt Hamburg.

3. § 4 Absatz (1) erhält die folgende Fassung:

Ausgehend vom Basisjahr 1990 und unter Bezugnahme auf die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) nach der Verursacherbilanz der Freien und Hansestadt Hamburg soll bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Nettotreibhausgasemissionen um 90 vom Hundert (v.H) und bis zum Jahr 2035 eine Reduktion der Nettotreibhausgasemissionen um 100 v.H. erfolgen. Dabei ist für den Reduktionspfad zunächst ein steil abfallendes und später ein sanfter absinkendes Profil für die Freie und Hansestadt Hamburg anzustreben. Das Anrechnen von Kompensationsmaßnahmen auf 20% der Emissionen ist möglich. Die BUKEA prüft die jeweiligen Kompensationsmaßnahmen auf ihre Zulässigkeit und Wirksamkeit.

4. § 4 Absatz (2) wird wie folgt geändert:   

Mit der Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie dem Erhalt und der Schaffung von natürlichen Kohlenstoffspeichern auch auf öffentlichen Flächen – dazu gehört insbesondere der städtische Grün- und Baumbestand sowie Wälder, Auen und Moore – verfolgt die Freie und Hansestadt Hamburg das Ziel des Erreichens der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035. Ab 2035 wird die Möglichkeit der Anrechnung von Kompensationsmaßnahmen bis 2045 schrittweise zurückgefahren. 

Für einen Zeitraum von zehn Jahren nach Beendigung der Anrechnung von Kompensationsmaßnahmen werden diese von den Inanspruchnehmenden weitergeführt. Danach gehen diese Maßnahmen in die Verantwortung der Freien und Hansestadt über, welche sie aufrecht erhält. Die Zielsetzung ist, Hamburg dauerhaft zu einer Netto-CO2- Senke zu machen.

5. § 4 Absatz (3) wird wie folgt ergänzt:

Sektorziele für die Kohlendioxid und -äquivalenzemissionen aus den Bereichen Verkehr, städtische Energie- u. Wärmeerzeugung, private Haushalte, Gewerbe/Handel/Dienstleistung, Industrie sowie Land- und Viehwirtschaft für das Jahr 2030 im Vergleich zu den Kohlendioxid-und äquivalenzemissionen des Jahres 1990 ergeben sich aus dem Hamburger Klimaplan (§ 6).

6. § 5: Absatz (1) wird wie folgt ergänzt:

Entsprechend § 2 Absatz 3 Nummer 3 berücksichtigt der Senat die Risiken des Klimawandels, unter anderem durch Maßnahmen eines vorsorgenden Hochwasser- und Katastrophenschutzes, städtebaulicher und landschaftsplanerischer Instrumente sowie des Gesundheitsschutzes. Dazu gehört insbesondere die Stadt darauf vorzubereiten, Extremwetterereignisse wie Hochwasser, Starkregen und Temperaturextreme abfedern zu können. Der Senat setzt die sich daraus ergebenden Maßnahmen im Hamburger Klimaplan um.

Demgemäß wird 

– 1. das laufende Bauprogramm Hochwasserschutz der Freien und Hansestadt Hamburg an die Erfordernisse des Szenarios RCP 8.5 des IPCC Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate von 2019 angepasst. Die Berechnung zusätzlicher Sturmflutrisiken durch eine Zunahme u.a. der Sturmintensitäten, der Elbvertiefung und deren Einfluss auf die zukünftig notwendige Deichlinie sowie der Notwendigkeit  einer Erweiterung der Polderkapazitäten obliegt den zuständigen Behörden.

– 2. zum Schutz der Bevölkerung vor den Folgen von Starkregen sowie vor der prognostizierten Zunahme von Hitzetagen durch die zuständigen Hamburger Behörden ein Maßnahmenkatalog zur Transformation Hamburgs in eine sogenannte „grüne Schwammstadt“ vorgelegt.

– 2.1. Dieser Katalog beinhaltet insbesondere die Verankerung eines Begrünungsschlüssels, mit dem Ziel der intensiven Begrünung aller geeigneten Gebäudeoberflächen Hamburgs in Kombination mit Anlagen zur solaren Stromerzeugung in der Landesbauordnung sowie, ab dem der Verabschiedung dieses Gesetzes folgenden Jahr, über zehn Jahre lang, eine Entsiegelung von jährlich mindestens 1,5% der versiegelten Flächen der Freien und Hansestadt Hamburg . Diese Entsiegelungen erfolgen möglichst gleichmäßig in allen sieben Bezirken der Stadt. Zusätzlich erfordern zukünftige Versiegelungen von Flächen innerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg zwingend eine flächengetreue Ausgleichsentsiegelung im selben Bezirk. Mindestens 30% der zu entsiegelnden Flächen werden begrünt.

7. § 6 Absatz (1) wird wie folgt geändert:

1. Spätestens 8 Monate nach in Kraftsetzung dieses Gesetzes beschließt der Senat eine Fortschreibung des Hamburger Klimaplanes, die die neuen Zielsetzungen berücksichtigt. Diese enthält die verbindlichen Sektorziele und legt die zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen auf der Basis des für Hamburg errechneten THG-Restbudgets fest. Sie enthält eine Bestandsaufnahme im Hinblick auf die Zielerreichung, eine Beschreibung der ergriffenen Maßnahmen zur Zielerreichung sowie eine Prognose der erforderlichen Maßnahmen zur weiteren Zielerreichung und der Entwicklung der Rahmenbedingungen einschließlich weiterer erforderlicher Maßnahmen im Sinne der Erreichung der Ziele gemäß § 4. Soweit erforderlich werden weitere Ziele für den Zeitraum nach 2030 gemäß § 4 Absätze 1, 2 und 3 aufgenommen. Der Hamburger Klimaplan bestimmt zudem die der Anpassung an den Klimawandel dienenden Maßnahmen.

8. § 6 Absatz (2) erhält folgende Fassung:

2. Der Senat berichtet der Bürgerschaft jährlich bis zum 31. Mai über den Stand der Zielerreichung und der Umsetzung der Maßnahmen des Hamburger Klimaplans (Zwischenbericht). Die entsprechenden Daten für das jeweilige Vorjahr werden vom Statistikamt Nord jährlich für die einzelnen Sektoren ermittelt und bis zum 31. März veröffentlicht. Im Falle einer Zielverfehlung legt die dafür zuständige Senatsbehörde innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm auf, das die Einhaltung der Jahresemissionsmengen für die folgenden Jahre gewährleistet.  

Zweiter Teil: Wärmenetze, Kohleausstieg

9. § 10 Absatz (1) wird wie folgt geändert:

Wärmeversorgungsunternehmen sind verpflichtet, für ihre Wärmenetze einen Dekarbonisierungsfahrplan vorzulegen. Darin ist darzulegen, wie das Ziel der nahezu klimaneutralen Wärmeversorgung bis zum Jahr 2035 erreicht werden kann und wie sichergestellt wird, dass bis zum 31. Dezember 2029 mindestens 90 v.H. der aus dem jeweiligen Netz genutzten Wärme aus erneuerbaren Energien stammt. Analog zur Kompensation von Restemissionen gemäß § 4 Absatz 1 und 2 können 20% aus nicht erneuerbaren Energien erzeugter Wärme entsprechend kompensiert werden. Der Dekarbonisierungsfahrplan ist spätestens 2 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes der zuständigen Behörde vorzulegen. Er ist spätestens alle 4 Jahre nach der letzten Erstellung zu aktualisieren und erneut der zuständigen Behörde vorzulegen. 

10. Nach dem sechsten Teil werden der nachfolgende siebte Teil „Industrie und Gewerbe“ und achte Teil „CO2-Bilanzierung“ eingefügt. Die Nummerierung der anschließenden Teile und Paragraphen ändert sich entsprechend.

Siebter Teil: Industrie und Gewerbe:

§ 29 Der Wirtschaftsstandort Hamburg

(1) Hamburg hat ein großes Interesse daran, als Gewerbe-, Handels, Dienstleistungs- und Industriestandort konkurrenz- und zukunftsfähig zu bleiben. Die Hamburger Behörden beraten und unterstützen die ansässigen Unternehmen mit über 20 Mitarbeitenden aus den Bereichen Gewerbe/Handel/Dienstleistung und Industrie gemäß § 4, Absatz 3  deshalb dabei, schnellstmöglich Klimaneutralität zu erreichen. Unternehmen aus den vorgenannten Bereichen mit 20 oder weniger Mitarbeitenden können sich ebenfalls beraten lassen und haben ebenfalls Anspruch auf entsprechende Unterstützung beim Erreichen der Klimaneutralität, sind aber im Übrigen von diesem Gesetz ausgenommen.

(2) Für Unternehmen nach Absatz 1, Satz 2 ist hier der Zeitrahmen aus §4 Abs. 1 dieses Gesetzes die Richtschnur, sie können jedoch abweichend von §4 Abs. 1 in ihren Reduktionszielen Kompensationsmaßnahmen auf bis zu 25% der zu reduzierenden Emissionen anrechnen. Außerdem können diese Unternehmen eine zusätzliche Frist von bis zu 5 Jahren für die Reduktion von kompensierten Emissionen in Anspruch nehmen. Verbleibende, nicht oder nur durch unbillige Härten zu reduzierende Emissionen können über die in diesem Gesetz genannten Fristen hinaus kompensiert werden. 

(3) Die zuständigen Behörden treten an alle in Absatz 2 genannten Unternehmen heran, um Auskunft über bestehende Reduktionspläne zu erhalten und diese ggf. gemeinsam und möglichst im Rahmen dieses Gesetzes zu erstellen oder nachzubessern. Für diese Unternehmen fließen die Emissionen der Wertschöpfungskette in die Berechnungen ein.

(4) Das Erstellen der Reduktionspläne, die Auskünfte an die Behörden und die Zusammenarbeit mit den Behörden sind seitens der Unternehmen freiwillig.

(5) Der Senat veröffentlicht jährlich den Stand der Zusammenarbeit mit den Hamburger Unternehmen sowie das Erreichen oder Nichterreichen der Reduktionsziele.

(6) Sofern es die korrespondierenden rechtlichen Bestimmungen zulassen, vergeben die Freie und Hansestadt Hamburg und die ihr zuzurechnenden Unternehmen und Körperschaften Aufträge bevorzugt an diejenigen ansässigen Unternehmen, die nachweisen, dass sie ihre Reduktionsziele im Jahr vor der Auftragsvergabe erreicht haben. Eine Änderung des Hamburgischen Vergabegesetzes (HmbVgG) ist zu prüfen und, soweit rechtlich möglich, zu veranlassen.

Achter Teil: CO2-Bilanzierung

§ 30 CO2-Bilanzierung von Investitionen

(1) Für alle Investitionen der Freien und Hansestadt Hamburg, insbesondere für Baumaßnahmen, für die Anschaffung von Fahrzeugen und Geräten sowie für den Erwerb von Beteiligungen sind, gemäß der Zielsetzung von §2 Absatz 4, von den zuständigen Behörden – außerhalb des Haushalts und diesen nicht betreffend – zur Information der Öffentlichkeit die Gestehungs- und Folgekosten in Tonnen CO2 anzugeben.
Dabei sind mindestens eine fundierte Abschätzung der CO2-Gestehungs- und Folgekosten sowie der möglichen Amortisationszeiträume erforderlich, bei Investitionen von erheblicher wirtschaftlicher oder emissionsträchtiger Bedeutung muss ein CO2-Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen verschiedenen möglichen Lösungen angeführt werden.

(2) Diese Kostenkalkulation ist außer in CO2-Äquivalenten auch in Euro auszuführen. Dies geschieht auf der Basis der jeweils aktuellsten ‚Methodenkonvention zur Entwicklung von Umweltkosten‘ des Umweltbundesamtes (UBA) im Sinne einer Gleichgewichtung der Wohlfahrt heutiger und zukünftiger Generationen.

Schlussbestimmung

Alle weiteren Paragraphen des geltenden Hamburger Klimaschutzgesetzes, die sich im Widerspruch zum vorgelegten Gesetz befinden, werden entsprechend im Einklang mit den neu formulierten Bestimmungen dieses Gesetzes geändert.